Dr.
Stefan Scholz
Psyche und Eros
zum Werk von Larissa Strunova-Lübke
Die Bilder von
Larissa Strunova-Lübke beanspruchen Raum. Nicht nur
wegen ihrer großformatigen Leinwände, vor allem
der expressiven Farben wegen und der den Bildern immanenten
Spannung zwischen Kontemplation und ekstatischer Bewegung
ihrer Figuren. Muße zur Betrachtung verlangen sie
auch dem Betrachter ab. Erst auf den zweiten oder dritten
Blick treten aus den in-, über- und nebeneinander gelagerten
Farbfeldern Gesichter und Figurenfragmente hervor, die dem
ersten flüchtigen Überfliegen der Bilder verborgen
geblieben waren. Frau, Mann - Mann, Frau - Mann, Frau -
Frau, Mann; Larissa Strunova-Lübkes großes Thema
ist der Mensch, in seiner geschlechtsspezifischen Individualität
ebenso, wie in seiner Beziehung zu einem Du, gleich welchen
Geschlechts. Die Künstlerin denkt und fühlt in
Farben. Deren willkürliche Setzung auf der Leinwand
wird nach und nach durchschaut auf einen von der Intuition
geleiteten künstlerischen Ausdruck, der dem nachspürt,
wer der Mensch ist. Larissa Strunova-Lübke stellt sich
der Aufgabe, die Identität des Menschen mit den Mitteln
der Kunst auszuloten, in dem Wissen, daß man damit
nie an Ende kommen wird. Ein- und dieselben Motive erfahren
immer neue, andere Bildgebungen. Ein bloßes Repetieren
kunstgeschichtlicher, spiritueller, religiöser oder
philosophischer Traditionen reicht in der existentiellen
Auseinandersetzung des Menschen mit sich selbst nicht aus.
Sie verlangt nach einem individuellen Ausdruck.
Die antike griechische Philosophie faßt ihre Überlegungen
hierzu unter die beiden Begriffe Leib und Seele, die Mythologie
der Griechen entspinnt das Verhältnis der Geschlechter,
etwa in ihren Erzählungen von der Liebesgöttin
Aphrodite, die sich mit Ares, dem Gott des Krieges, im Bund
der Ehe verbindet. Ihr gemeinsamer Spößling ist
Eros. Er weckt das Verlangen nach selbstloser Hingabe genau
so, wie er einen Menschen im Strudel seiner Begierden und
Lüste hinabzureißen und emporzuheben vermag.
Aphrodite verdankt ihre Geburt dem Sturz und der Entmannung
des Himmelsvaters Uranos durch seinen Sohn Kronos. Die Spermien
des abgeschlagenen göttlichen Gliedes ergießen
sich in den Uterus des Meeres und formen den Leib der neuen
Göttin. Aus einem Akt des gewaltsamen Aufbegehrens
keimt die Liebe. Im Gefolge der Aphrodite finden sich Götter
und Halbgötter. In ihrer gegensätzlichen Wirkweise
machen sie die Liebe zu einem gleichermaßen erfüllenden
wie entfremdenden Element für Götter und Menschen.
Eros weckt die Lust, sich hinzugeben, Himeros entfacht Glutstürme
des Begehrens; die Chariten verkörpern die Tugenden
und die Anmut der Liebe, Peitho hingegen, die Göttin
der Überredung, verführt zu Laisonen mit oft tragischem
Ausgang; über allem stehen die Horen. Sie versuchen,
als Gebieterinnen über die Zeit, die auseinanderstrebenden
Kräfte der Liebe in den sinnstiftenden Bahnen der göttlicher
Ordnung zu bergen. Die Wahl der Ehemänner verblüfft.
In erster Ehe gab sich Aphrodite dem Hephaistos. Im Inneren
der Erde hantierte er mit Feuer zur Erzschmelze. Er verkörpert
in der Götterwelt den derben Typ des Machers ohne großen
Sinn für die Leidenschaften. Vielleicht trieb dieses
Unverständnis Aphrodite schließlich in die Arme
des Ares. Unter den Olympiern mißtrauisch beäugt
und verhaßt, weil ihm der Krieg um des Krieges willen
gefielt, wurde er mehr aus Zwang denn aus Liebe im Kreis
der höheren Götter geduldet. Vielleicht hofften
sie auf Mäßigung seines zerstörerischen
Temperamentes durch die angenehme Aphrodite. Streit, Schrecken
und Furcht, die chaotischen Mächte des Kampfgetümmels
und die Dämonen des Todes dienten Ares bei seinem Kriegshandwerk.
Die Mythen erzählen immer auch vom Menschen, seinen
Dramen, die sich entwickeln, bis Liebessehnsucht sich in
einem Geliebten erfüllt und das Erfüllte sich
tragisch wendet in Langeweile, Eifersucht, Gewalt, bis aus
der Fülle wieder Mangel geworden ist und sich in neuen
Sehnsüchten entlädt, hoffend, daß sich in
einem Menschen der Kreislauf des Suchens rundet und in ihm
endet.
Der Eros springt den Betrachter aus den Bildern von Larissa
Strunova-Lübke an, als anmutige Verführung, in
lasziver Geste, vergewaltigender Aneignung, ekstatischer
Auflösung, Hingabe mit Vorbehalt, im Ringen mit sich
und einem Du.
Zentrifugale und zentripedale Kräfte im Gefolge der
Liebe scheinen den Menschen eher zu zerreißen als
zu sich selbst zu bringen. Wie läßt sich angesichts
der diametralen Triebkräfte des Eros von menschlicher
Identität sprechen? In der griechischen Philosophie
der Antike bezeichnet Psyche das Wesen des Menschen. Wie
Leib mit dem Eros und Psyche mit dem Nous, der Vernunft,
zusammenkommen, beschäftigte die Philosophen. Plato
sah beide nur lose zusammengefügt. Am besten wäre
es, ginge der Mensch lieber heute als morgen seines Leibes
verlustig. Denn durch die Begierden des Körpers kommen
die Leidenschaften in die Welt, die immer wieder Enttäuschungen
erfahren und Leid schaffen, und der Krieg. Die Vernunft
hingegen sucht, das Leid zu meiden und sich in die eigentliche
Welt der körperlosen Ideen aufzuschwingen und dort
die Erfüllung zu finden. Wie ein erfahrener Wagenlenker
steuert die durch die Philosophie gebildete Vernunft die
edlen Triebkräfte des Menschen und seine gefährlichen
animalischen Leidenschaften wie zwei Rosse vor dem Wagen
auf den kultivierten Weg der Vergeistigung. Der Leib und
seine Kräfte zerstören den Menschen. Er ist ein
Gefängnis für das, was des Menschen Wesen ausmacht,
die Psyche.
Aristoteles sieht den Menschen als Einheit von Leib und
Seele. Die Psyche ist die formende Kraft, die den Leib des
Menschen zu seinem Ziel führt. Die Seele wohnt dem
Leib nicht zwangsweise inne, in der Erwartung, ihn als bald
wie möglich wieder verlassen zu können. Die Psyche
durchwirkt den ganzen Leib. Sie formt den Leib des Menschen
und ist in allen seinen Aspekten präsent. Leib und
Seele sind unterscheidbar, aber nicht zu trennen.
Die philosophischen Anthropologien des Plato und Aristoteles
in ihrer unterschiedlichen Betrachtung des Menschen prägen
bis heute die abendländische Geistesgeschichte.
Larissa Strunova-Lübke reiht sich eher in die aristotelische
Denkrichtung mit ihrem künstlerischen Werk ein. Ohne
Tabus und Ausgrenzungen taucht sie ein in das Geheimnis
des Menschen von Leib und Seele, von Eros und Nous, und
macht ihre Bilder selbst zu einem Geheimnis, indem sie sich
dem gewalttätigen Blick des Konsumenten oder Voyeurs
verweigert, die meinen, alles in einem Augenblick sich aneignen
zu können. Jedem Liebesakt geht voraus oder folgt hintendrein
und begleitet mittendrin die Kontemplation. Menschen brauchen
Zeit zu ihrer Menschwerdung, Freiräume für ihre
Leidenschaften, ein Bewußtsein für ihr eigenes
Geheimnis und das des Geliebten, und die Fähigkeit
nachdenkenden Reflektierens über das Universum ihres
Fühlens und Denkens - und Künstler wie Larissa
Strunova-Lübke, denen es gegeben ist, all dem einen
Ausdruck zu geben, der selbst zu einem Akt der Liebe wird.
|
Kunsthistoriker: Benedikt Brebeck
zum Werk von Larissa Strunova-Lübke
Das erste Gemälde, das ich aus Larissas Werk kennenlernte war Samsara aus dem Jahr 2016. Das Bild erregte sofort meine Aufmerksamkeit, nicht nur wegen des großen Formats, sondern vor allem wegen etwas schwer zu Benennendem, das einen wie bei einer schönen Frau, der man auf der Straße begegnet, nicht loslässt und das im Bewusstsein nachhallt. Ein kleines Detail, ein kurzer Blick, die Art dieser einen Körperbewegung. Diese scheinbare Oberflächlichkeit, die in sich schon viel mehr Tiefe verbirgt, als man ahnen würde, denn schließlich kann man erst von der Oberfläche aus in die Tiefe gelangen. In dieser Eigenart sind schöne Frauen und schöne Gemälde sich äußerst ähnlich. Dieses schwer zu Benennende ließe sich also durchaus mit dem Begriff der Schönheit zu fassen versuchen, beinhaltet er doch sowohl Oberfläche als auch Tiefe.
Ich hatte nun das Glück das Gemälde Samsara in den folgenden Wochen täglich zu Gesicht zu bekommen und somit von seiner Oberflächlichkeit und über den ersten Eindruck von Farbe und Form hinaus weiter in die Welt der Malerei eintauchen zu können. Der Inhalt bestätigte das bisher Wahrgenommene und Empfundene. Den Großteil des Bildraumes nimmt zentral die Gestalt eines Jungen in hockender Haltung ein. Seine grün gestreifte Hose und die hellgrauen Sandalen, die er trägt, stechen markant hervor. Die Ärmel seines hellen Oberteils sind hochgekrempelt. Mit beiden Händen umfasst er ein fast weißes, reines Gefäß, eine Schale. Mit ihr tritt er in direkten Kontakt mit einem dunklen abgetrennten Schafskopf, der direkt vor ihm liegt. Die Rottöne an der Schnittkante des Kopfes, die im Rest des Gemäldes kaum vorhanden sind, erinnern in der Art der Darstellung an Blut und bestätigen eine sich zugetragene Gewalttat und die Leblosigkeit des Körperteils. Zwischen dem Jungen und dem toten Kopf des Tieres spielt sich nun eine Geste ab, die von solcher liebevollen Zuneigung zeugt, dass es schwer fällt, sich als Betrachter davon abzuwenden.
Das Kind, seinen Blick fest auf die Berührung der Schale mit dem leblosen Kopf gerichtet, scheint noch nicht begriffen zu haben, was der Tod ist, was er bedeutet und was ihn als Teil unseres Lebens ausmacht. Und falls dem doch so ist, weigert es sich diese Erkenntnis in ihrer Schlussendlichkeit und Unumstößlichkeit anzuerkennen. Vielmehr sieht es in dem Kopf die Existenz des gesamten Lebewesens, dem er angehörte, und versteht zugleich, dass da etwas nicht stimmt, dass dieses Lebewesen durch das Tränken aus einer Wasserschale fremder Hilfe bedarf. Die Reinheit der kindlichen Wahrnehmung, klar und ungetrübt, trifft in diesem Moment auf die Erkenntnis von Schrecken, Gewalt und Tod, die in der Welt herrschen. Ein kaum zu beneidender Moment, befleckt er doch die reine, kindliche Weltsicht und führt gleichzeitig in einen Zyklus des Seins, dessen der Mensch im Lauf seines Lebens gewahr wird und dessen Teil er von Beginn an ist. Ein Moment also vom Friedvollen in die Tragik der Erkenntnis. Dass es ausgerechnet Lämmer sind, die im Bildmittelgrund die Szene mitfühlend betrachten, unterstreicht nur die Brisanz des Augenblicks.
All das spielt sich ab vor einem Hintergrund aus Farbe und Form, der in seiner Flächigkeit doch eine Tiefe auszubilden weiß. Die Farbigkeit in ihrer Helle und Großteils freundlichen Wärme ist dabei konträr zur Tragik der dargestellten Szene und beleuchtet somit mehr die geistige Wahrnehmung des Kindes.
Wie in der Welt des Traums löst sich klarer und deutlicher ein Fokus auf eine Szene und einzelne Gestalten heraus. Ein Fokus der bald wieder im Begriff ist sich im Raum zu verlieren. Oder umgekehrt treten Figuren erst hervor, während sie sich aus der Räumlichkeit der Bildfläche fokussieren lassen. Dieses Moment findet sich stets in den Gemälden Larissa Strunowa-Lübkes. Deshalb brauchen sie Zeit zur Betrachtung, so wie ein guter Traum Zeit braucht geträumt zu werden. Zwischen Traum und Realität entfalten sich diese großartigen, großformatigen Bilder. In ihrer Metamorphose, die sich während der Betrachtung einstellen kann, liegt die Wirkung dieser Kunst. Und was sich dabei entdecken lässt, reicht von ästhetischer Eleganz über Fragen aufwerfende Details bis hin zu erschreckender Schönheit. Immer als Beschäftigung des Betrachters, des Menschen mit seinem Sein als Individuum und seiner ihn umgebenden Welt. Die Freude in der Anschauung der Malerei Larissa Strunowa-Lübkes liegt also zwischen dem breiten Spektrum des Begriffs der Schönheit in all ihrer Herrlichkeit und Tragik und der ungreifbaren Tiefe geistiger Wahrnehmung in Verbindung mit einer Verortung seiner Selbst in der einen umgebenden Welt, deren Auffassung immer eigen und individuell ist. Ein höchst intimer Moment der Betrachtung!
Die Gemälde Larissa Strunowa-Lübkes zeigen oft menschliche Körper im Ideal. Wie antike Statuen das Idealbild des Körpers und der Körperlichkeit aus dem kalten Material des Marmors erstehen lassen, so schälen sie sich auch aus dem Bildraum dieser Malereien, wenngleich im Spiel der Farbigkeit viel lebendiger und damit niemals statisch. Diese Körper entfalten sich mit ihrer räumlichen Gestalt im körperlich oft undefinierten Raum des Bildes und so entstehen erhabene oder tragische Szenen im Wechselspiel von Dasein und Leere, die sich auch als seelische Zustände lesen lassen, besonders vor dem Hintergrund der Farbwirkung.
Andere Arbeiten widmen sich intensiver dem Gesicht, weg vom Körper. Man sagt hier ist des Menschen Pforte und Spiegel seines Inneren. So zeigen die Gesichter in der malerischen Gestaltung ihrer Oberfläche und im Nebeneinander der kontrastierenden Farbflächen eine Divergenz, die hinter die äußere Gestalt zu gehen scheint und in undefinierte Tiefen vordringt.
Es braucht also nicht nur die gedankliche Auseinandersetzung mit sich selbst, eingebunden in den Kosmos menschlicher Daseinskonstrukte. Vielmehr kann die Kunst Larissa Strunowa-Lübkes solche Auseinandersetzungen im Vorgang der Betrachtung anstoßen. Der Wille zum Moment des Verlusts in den Metamorphosen Welten der Gemälde geht ebenso mit dem Betrachtungsprozess einher. Gerade in diesem Zusammenspiel von Intensität und Flüchtigkeit liegt die Intimität dieser Kunst, nicht nur für den Betrachter, sondern auch für die Künstlerin selbst.
|
Peter Feuser
SEELE(N)SUCHT
Versuch einer Annäherung
Larissa Strunowa-Lübke, geboren und aufgewachsen in Swerdlowsk (Jekaterinburg) in unmittelbarer Nähe zum Ural. Im kommunistisch geprägten Moskau absolviert sie eine klassisch-akademische künstlerische Ausbildung. Seit 1995 lebt und arbeitet Larissa in Deutschland. Sie ist Mitglied im BBK Schleswig-Holstein und gehört dem Künstlerbund Rendsburg-Eckernförde an. Ihre Arbeiten sind weltweit in Museen, Galerien, privaten und öffentlichen Sammlungen, u.a. in Miami, in der Avant Gallery, neben Bildern von Andy Warol, Enzo Naso und Dodit Artawan zu finden. Ihre Bilder erregen Aufmerksamkeit, sie sind gefragt!
Ausgangsort ihres künstlerischen Schaffens ist ihr Atelier in Heide in Dithmarschen. Die Bilder, die dort entstehen, beanspruchen Raum. Wer sich auf sie einlassen will braucht Zeit, Muße, Bereitschaft zum inneren Dialog: großformatige, farbintensive, ausdrucksstarke Bilder als Aufforderung zur Stellungnahme - Auseinandersetzung mit menschlicher Existenz in allen Facetten!
Farbdominanz und perspektivisch angedeutete Figurenfragmente, spannungsgeladenes Aufeinanderprallen von Kontrasten, klare Konturen mit versteckten, sich oft erst nach längerer Zuwendung erschließenden Momenten; der menschliche Körper, nackt und reduziert auf Befindlichkeiten: Sexualität, Angst, Gier, Macht, Trauer, Zorn, Abwendung, Zuneigung, Begehren, Kampf, Hingabe, Geborgenheit - in Farben festgehaltene innere Zustände! Dynamik, Explosivität, Bewegung aber auch Versunkensein und melancholisches Innehalten. Gefühlswelten, festgehalten in expressiven Farbklängen und gekonnter Komposition: Polarität!
Menschliche Körper mit klaren Konturen und schemenhaft angedeutete, sich verflüchtigende Silhouetten - scheinbar gesichtslose Frauen, Männer, Kinder – Einzelne, Paare, Gruppen, in Beziehung zu einander, isoliert oder im Nebeneinander - sinnliche Befindlichkeiten von in die Welt „Geworfenen“, der auf Wesentliches reduzierte Mensch, ohne Verkleidung, nackt, wie er kommt, eine Weile bleibt und geht: Hinweise und Andeutungen!
Bildhafte Auseinandersetzung mit ewigen Fragen menschlichen Seins: Was ist der Mensch? Was bestimmt ihn? Woher kommt er, Wohin geht er? Was ist der Sinn des Ganzen? Fragen, die sich Menschen zu allen Zeiten in ihren Träumen, Visionen, Fantasien, Mythen, Sagen, Märchen, philosophischen Denkgebäuden - und vor allem in der Kunst gestellt haben: Kunst verstanden als Besinnung auf Wesentliches, als Suche nach Antwort auf existenzielle Fragen: Streben nach Wahrheit!
Malen bei Larissa Strunowa-Lübcke als intuitives Reagieren auf Impulse von Außen und Abtauchen aus einer verkopften Welt mit ihrer verführerischen Banalität. Leben ist Malen, es ermöglicht absolute Konzentration auf sich selbst, Bei-sich-sein im Vergessen von Zeit und Raum. So wird rastloses Suchen im Farben- und Formenrausch, Seelensuche, zur Seelensucht.
Temperamentvolles, dynamisches, provozierendes Überschreiten von Grenzen - intuitives Erfassen von Wirklichkeit, nichts ist Berechnung. Larissa: „Was ich male ist Teil von mir.“ Ihre Bilder einerseits verstanden als Ergebnisse von in sich abgeschlossenen, dynamischen Suchprozessen der Künstlerin, andererseits als Einladung an den Betrachter, sich auf das fertige Bild einzulassen und in ihm die eigene Gedanken- und Gefühlswelt zu entdecken und zu erfahren: Bildbetrachtung als kommunikativer Prozess!
Formen und Farben sind Sinnbilder, die individuelles Nach- und Aufspüren von Verschlüsseltem und Hintergründigem erfordern. Keine Eindeutigkeit des Dargestellten. Was mir das jeweilige Bild sagt hängt davon ab, wie ich es anspreche, wie ich mich zu ihm stelle und das kann, abhängig von meiner Stimmung, ganz unterschiedlich sein. Lebendige Bilder!
Sexualität und Erotik: Eros, in der griechischen Mythologie ein Dämon, der die Menschen für das Wahre, Gute und Schöne begeistert - Eros verstanden als Verkörperung des Strebens und der Suche nach dem Wertvollen und dem Unbedingten in der liebenden Zuneigung zum Geliebten. Der Körper als Hülle und Fessel und das verzweifelte Bestreben, sich davon zu lösen, zu befreien, aufzugehen in einem Größeren. Leben als nicht ankommen können, Auf-dem-Wege-Sein als Schicksal!
Amor (Eros) verliebt sich in Psyche, die wunderschöne sterbliche Königstochter. Nachts teilt er mit ihr, verkleidet als Mensch, das Bett. Sie muss ihm versprechen, nicht herausfinden zu wollen, wer er sei. Sie hält sich nicht daran. Er verlässt sie. Psyche sucht den Geliebten. Gepeinigt von der eifersüchtigen Venus muss sie in die Unterwelt. Amor/Eros wendet sich an Jupiter, beichtet seinen Ungehorsam und darf Psyche heiraten. – Psyche und Amor/ Eros als Allegorie menschlichen Strebens nach Liebe, nach Wahrheit, nach Aufgehen in einem größeren Ganzen! Seelenleben als ewige Suche!
(bei dem römischen Schriftstellers Apuleius, ca. 125-180 n. Chr.)
Ich fasse zusammen:
Bilder als Brückenschlag zum Seelenleben des Betrachters. Aufgebrochenes, Fragmentarisches, Konfrontation mit Erinnerungen, Erlebnissen, Gedanken, Gefühlen, Stimmungen – in Form gebrachte Seelenzustände! Entschlüsselungen des Leitmotivs Mensch. Kunst, nicht als realistisches Abbild sondern als Äquivalent von Seelenzuständen. Farben und Formen werden zu den Betrachter in Schwingungen bringenden Tonklängen, die, wie in der Musik, Assoziationen wecken: Sehen wird zum tieferen Fühlen, Empfinden!
………..
"Über Bilder lässt sich nichts sagen, man liebt sie oder verabscheut sie, aber mit Worten lassen sie sich nicht erklären - jeder muss sie sich selber erschließen" (Picasso)
Larissa Strunowa-Lübke –
mit ihren Arbeiten eröffnet sie Freiräume für eigenes Denken!
mit ihren Arbeiten provoziert sie die Konfrontation mit der ureigensten Gefühlswelt!
mit ihren Arbeiten eröffnet sie dem Betrachter Wege zu sich selbst!
|
Kunsthistoriker Jens Martin Neumann
"Ein Gemälde", so definierte Constant, Amsterdamer
Mitglied der Gruppe COBRA, einmal seinen Bildbegriff, "ist
ein Tier, eine Nacht, ein Schrei, ein Mensch". Kunst
soll demnach das ganze Leben ins Bild setzen - frei von
falschem intellektuellem Kalkül, im Ausdruck direkt
wirksam, ungehemmt und unmittelbar. Ich denke, auch heute
Abend treffen wir auf solche Bilder.
Larissa Strunowa-Lübke
verfolgt eine gestische, ausgesprochen schwungvolle, ja
leidenschaftlich aufgewühlte Malerei, in deren Mittelpunkt
Figuren von hoher körperlicher Präsenz stehen.
Aus vielschichtigen, fleckig schwellenden Farbteppichen
oder mehr nebulösen, duftig changierenden Farbwolken
erwachsen oftmals lebensgroße, ausgesprochen eindringliche
Akte und monumentale Frauen, Männer oder Kinder, die
in fließender Malgeste, ruppiger Handschrift und kräftigen
Farben mit wenigen, vehement geführten Pinselstrichen
summarisch bezeichnet, aus knappen, vibrierenden Konturen
und pointiert gesetzten Farbflecken formuliert und dabei
leichthändig in jeder erdenklichen Haltung, Aktion
oder klassischen Pose eingefangen sind. Direkt aus der Handlung
des Malens entstehen angeschnittene, Format füllende
Einzelgestalten, Paare oder Figurengruppen in kürzelhaft
bezeichneten Farbräumen, deren materielles Beieinander
als transparente Überlagerung, gespiegelte Staffelung
oder fortlaufende Bewegungssequenz inszeniert wird. In den
Gesichter oftmals ausgetilgt, verdichtet sich das Farbgeschehen
in einzelnen "Leibinseln", realisiert sich die
Figur also primär in einzelnen, aus feinen Verkürzungen
plötzlich vorwölbenden Körperpartien - einer
Hand, einem Unterschenkel oder Bauch, die dort stärker
plastisch modelliert sind. In der Konzentration auf die,
in einem Bild reduzierte Farbskala, der Gesichtslosigkeit
der Figuren und der Ort- und Zeitlosigkeit der farblichen
Umgebung offenbart sich eine kalkulierte Organisation der
Bilder, die aus der Intimität subjektiver Setzung heraus
zu stärker objektiver Allgemeingültigkeit durchbricht.
Larissa Strunowa
ist durch und durch Malerin, ihre Bilder werden getragen
von den Grundwerten der Malerei, dem Licht, der Farbe, dem
Bildprozess. Ihre Arbeiten bekunden das prozesshafte Ringen
um einen eigenen malerischen Weg durch die Wiederfindung
menschlicher Gestalten aus dem informellen Fluss der Farbe,
und so tauchen aus kraftvollen Pinselzügen und reinen
Farbmustern schemenhafte, verschwimmende Figurenbildungen
auf, die - gerade erst zur Form verfestigt - gleich wieder
aufgelöst werden und damit genau auf der labilen Grenze
zwischen amorphem Farbverlauf und genetischer Verfestigung
verharren, gleichsam im bildnerischen Prozess des Verschwindens
festgehalten sind. Die Künstlerin trennt sich sofort
wieder unbefangen von der realen menschlichen Gestalt, denn
sie macht sich lediglich die beiden Grundprinzipien der
Körperdarstellung - betonte Kontur und farbige Modellierung
- zu eigen, wendet sie aber genauso jenseits der Figuren
auf ihren farbigen Umraum an, um abstrakte graphische Liniengeflechte
und flächige Farbfenster zu erzeugen, in welche ihre
Protagonisten untrennbar eingewoben sind. Unter, über
und neben den Figuren liegt somit eine teils weicher, teils
aggressiver Dunstschleier der Abstraktion. Die Figuren passen
sich ebenso an diese ungegenständliche Flächenkomposition
an wie umgekehrt Farbschichtung und Lineaturen imaginierte
Leiblichkeit erhalten. Damit sind auch gewohnte Figur-Grund-Beziehungen
ganz in das Farbereignis verlagert, stilisieren zum räumlichen
Anschwellen, Durchschimmern, Verwischen und Vibrieren. Die
nackten Körper selbst bieten Anlass für eine schön
scheckige Farbmalerei, die zwar Licht und Schatten respektiert,
reale Haptik von Haut und Fleisch jedoch zugunsten zügiger
Malgeste und koloristischer Verflächigung eliminiert.
Diese konzeptuelle Gleichheit ist hier wichtiges Bildmittel:
anstelle von illusionistischen Konventionen vielfältige,
rein malerisch motivierte Verschmelzung, Fortsetzung und
Korrespondenz einer Form, Farbe oder Linie auch über
die, nur scheinbar abgeschlossenen Körper hinweg.
Gleichzeitig
sinnlich und aus einem breiten Farbspektrum zusammengesetzt,
figurativ noch realistisch und doch frei im Duktus, erzeugt
Larissa Strunowa die Prägnanz ihrer Bilder vor allem
durch die entschiedene malerische Geste. Die Künstlerin
trägt die Farbe in züngelnden Bahnen auf die Leinwand
auf, breitet ein impulsives Stakkato nervöser Pinselstriche
aus, peitscht Farbschlieren über den Untergrund, durchfurcht
die dichte Farbpaste und kritzelt graphische Zeichen ein,
verleiht der Farbe somit eigenständige Qualität
und substanzielle Stofflichkeit, verhilft ihr zu eindrücklicher
Wirkung. Ihr eigentliches Thema ist also die Malerei selbst,
ihre Urstoffe und Bedingungen: Bildträger, Farbe, Fläche,
Malverfahren, Bewegungsverlauf und Textur. Die Leinwand
ist hier das Aktionsfeld, gewissermaßen Zeugungsstätte
gemalter Körper aus dem Körper der Künstlerin;
Malmotorik und Bildprozess bilden eine untrennbare Einheit,
oder schlichter gesprochen: Das Bild wird hier direkt im
Malen gefunden. Und die ausgeführten Bilder überliefern
in den sichtbar dynamischen Malspuren diese impulsive Malgebärde,
bringen in ihrer erregten Durchschreibung diverse Momentaufnahmen
ihrer Entstehung.
Die freien Strichsetzungen
und dynamischen Farbverdichtungen führen zu höchst
vitalen, eben künstlerisch spannungsvollen Figurenbildungen,
die bei Larissa Strunowa immer Inhalt und freie Malerei
in einem sind. Pinselstriche und Farbflecken besitzen zwar
dingliche Funktion und dienen der malerischen Erzählung,
doch gleichzeitig zielt diese Malerei auf die Überprüfung
ihrer eigenen Grundlagen ab, also auf die Mittel, die zum
Gemälde führen und einem Bild wesentlich sind.
Einerseits ergründet Larissa Strunowa in der malerischen
Verflüchtigung der Figur die Urformen des künstlerischen
Gestaltungsprozesses, der planlos, aber doch unterbewusst
gesteuert und vor allem zwangsläufig geschieht, andererseits
nutzt sie diese stilisierte Figuration mit ihrer durchaus
obsessiven Geste, um ihre Geschichten von menschlicher Existenz
im Spannungsgefüge von Selbstfindung, Humanität
und Gefährdung überhaupt erzählen zu können.
Sie belässt die Figuren in der Ambivalenz zwischen
malerischer Konstruktion und ihrer eigenen narrativen Dynamik.
Die heftig eingesetzten Bildmittel - leuchtende Farben,
rascher Farbauftrag, deutliche Handschrift und raue Strukturen
- entspringen einem zutiefst malerischen Prinzip, aber gleichzeitig
einer offensiven Haltung, solchen alles andere als harmlosen
Geschichten zu Leibe zu rücken. Man könnte mit
einer alten Einsicht Francis Bacons anmerken, "beim
Malen ist Verzweiflung vielleicht nützlicher, mit ihr
findet man einen radikaleren Weg, ein Bild zu machen: man
geht dann ein größeres Risiko ein."
Dieses Strunowasche
Nachdenken über Malerei wirkt demnach tief in die Art
und Weise ihrer Erzählung hinein. Jede formale Entscheidung
ist hier ebenso eine inhaltliche und umgekehrt, denn Bilder
vom Menschen stehen immer auch für "Menschenbilder",
Figur und Akt sind eben Ausdrucksträger. Unmittelbaren
Zugriff auf den Menschen erlaubt der Blick auf den nackten
Körper, ist er doch nicht nur seiner Kleider, sondern
auch den Statusbeigaben seiner sozialen Stellung beraubt.
Der nackte Leib, diese innerste materielle Substanz des
Individuums, lässt in seiner Beschaffenheit, Haltung
und Geste eine Fülle von Ausdrucksmöglichkeiten
zu, spiegelt stets auch sein Innenleben. Die Künstlerin
entwirft gerade mithilfe des chiffrenhaft formulierten Aktes
höchst eindringliche Bilder menschlicher Seelenzustände.
Und damit erhält die malerische Auflösung der
Figuren auch ihre inhaltliche Bedeutung, da erst durch diese
skizzenhafte Offenheit dem Betrachter ein weitläufiger
Assoziationsraum eröffnet wird und die Farbzeichen
zu bildmächtigen Metaphern stilisieren können.
Ihre zerfließenden Körper sprechen dann von Transparenz,
Fragilität und Verletzlichkeit, gerade in den Kleinkindern
von Wehrlosigkeit, die kraftvolle Farbe und ungestüme
Malweise zugleich von Gewalt, Obsession und Ekstase. Stets
regiert eine eigentümliche, erneut formale wie inhaltliche
Spannung zwischen forsch greller Direktheit und ruhig maskenhafter
Statuarik. Es geht bei dieser Art von Figurenmalerei schlicht
um menschliche Emotionen, um Freude und Trauer, Hoffnung
und Sehnsucht, Zorn, Zweifel oder intime Befindlichkeit.
Mit mutiger Selbstverständlichkeit, offensiv, ehrlich
und schonungslos, dadurch oft provokant, dokumentiert die
Künstlerin solche Stimmungen, indem sie symbolische
Übersetzungen dafür findet.
Larissa Strunowas
Werk beruht auf einer individuellen, sehr privaten und oftmals
aus dem Unterbewussten schöpfenden Mythologie. Sie
setzt auf ein spezifisches Sampling von Bildern und Eindrücken,
von vielfältiger Gestalt und vielschichtiger Anspielung,
das ein breites Assoziationsfeld arrangiert, sich aber der
letzten rationalen Analyse versperrt, dafür aber ein
ausgesprochen eigenwilliges Muster von Konzept und künstlerischem
Ereignis ausbreitet.
|
Meine Gedanken
Menschen sind
vor uns gekommen, Menschen wird es nach uns geben - lediglich
die Gefühle des Menschen haben seit Jahrtausenden Bestand.
Der Mensch kommt nackt, und er geht nackt. In der bildenden
Kunst ist der menschliche Körper die optimale Ausdrucksform,
Gefühle unverfälscht zum Ausdruck zu bringen,
ehrlicher und aufrichtiger als das gesprochene Wort. Mit
seiner unverhüllten Darstellung lassen sich Gedanken,
Gefühle und Visionen auszudrücken. Ohne (Ver)Kleidung
ist der Mensch offen und ehrlich, hat keine Möglichkeit,
etwas zu verbergen.
Meine Arbeiten erzählen sehr unterschiedliche Geschichten,
die irgendwo in dem weiten, meist zwiespältigen Gefühlskosmos
zwischen tiefster Traurigkeit und größter Freude
angesiedelt sind. Das wichtigste, immer wiederkehrende Hauptmotiv
ist das Kommen und Gehen, der ewige Kreislauf des Werdens
und Vergehens, in dem das Alte abgestreift wird, um Neues
hervorzubringen. Zwischen Geburt und Sterben liegt die Fülle
des Lebens mit den immer gleichen Fragen: das Erwachsenwerden,
die Verführung, die Freiheit, die Mutterschaft, das
Loslassenkönnen. Es sind meine eigenen, sehr persönlichen
Gefühle, die in meinen Bildern Ausdruck finden, die
aber gleichzeitig allgemeingültig und weltumspannend
sind. Denn ich bin Teil der Menschheit, ich empfinde mit
der gleichen Intensität wie andere Menschen auch.
Der Prozess des Schaffens ist ein Dialog, die Klärung
einer Frage zwischen mir und etwas Höherem. Das fertige
Bild ist dann die Antwort auf zeitlose Fragen. Oft ist es
eine ganze Reihe von Bildern, die sich mit der gleichen
Fragestellung beschäftigt. In einem einheitlichen Format,
reflektieren sie ähnliche, aber doch unterschiedliche
Aspekte bestimmter Emotionen. Die einzelnen Arbeiten bilden
so Fragmente eines Ganzen.
Larissa
Strunowa-Lübke
|
|
Prof.
Dr. Tatiana Yurieva
Kunsthistorikerin, Smolny Institut,
St. Peterburg
LARISSA
Erscheinung
- Larissa Strunowa
Geboren und aufgewachsen
in Russland und jetzt erfolgreich Schaffende auf dem Feld
der Kunst in Deutschland. Dass Larissa diese Bedeutung hat,
stellt keinen Zufall dar.
In unserer Welt,
dem gemütlichen und gesättigtem Europa ist es
schwierig eine ernsthafte Künstlerin zu sein. Besonders
wenn man versucht, eine Ausdrucksform in der Malerei zu
finden für die ewigen, geistig-seelischen Probleme.
Mir gefällt besonders, was in Larissa Strunowas Gesicht
die Aufmerksamkeit der westlichen Besucher auf die russische
Kultur lenkt.
Die durchlaufene
Moskauer Schule bildete die Wurzeln und prägte ihre
künstlerischen Suche. Alles was in ihrem Leben passierte,
wurde diktiert von ihren eigenen Entscheidungen. Zu keinem
Zeitpunkt passte sie sich dem konventionellen Leben an.
Sie erkannte nie offizielle Namen und Ränge an. Auch
ein einfaches und glückliches Leben, wie das der Hofmaler,
kam für sie nicht in Frage.
Die junge Künstlerin
wünschte sich die Welt kennen zu lernen, die besten
Museen zu besuchen und das zeitgenössische, vielseitige
Kunstleben zu erkunden. Die "Perestroika" veränderte
Larissas Umlaufbahn und verhalf ihr zu einem Anschluss an
westliche, künstlerische Prozesse. Sie beteiligte sich
an unterschiedlichen, internationalen Ausstellungen in Polen,
Deutschland, Dänemark, Estland sowie den Niederlanden.
Die ausgestellten Bilder waren nicht nur aus dem Bereich
der Malerei sondern auch aus den grafischen Arbeiten gewählt.
Ihre Aquarelle, widmete sie dem Thema "Konzept"
- Gedankenkonzentration, Extrakt. Diese Aquarelle entsprechen
in vollkommener Weise höheren, künstlerischen
Ansprüchen. (Die Darstellung nackter Körper betont
in ihren Blättern die mittelalterliche Reife.)
Zum Glück
verstand sie es schon früh, dass nur die aufzehrende,
bewusste, experimentelle künstlerische Arbeit die Möglichkeit
gibt, auch bei riesengroßer Konkurrenz auf der eigenen
Umlaufbahn zu bleiben und ein höheres Niveau zu erhalten
...
Der Einfluss
des Lebens im Westen auf die Künstlerin Larissa Strunowa
drückte sich in einer spannenden farbigen Fläche
aus, die frei umgeht mit der Sprache der Kunst, aber auch
mit der realen Welt im Ganzen. Diese Eigenschaft verhalf
ihr dazu, die expressionistische Linie und die vollkommene
klassisch-plastische Tradition. "einfach" zusammen
zu bringen.
Ihre Kunst schafft
tatsächlich eine wichtige Mission, sie heilt und rettet.
Larissa besitzt die Eigenschaft der durchdringende Wiedergabe
von Geheimnissen des Kosmos, welche nur sie sieht. Der Mief
des realen menschlichen Lebens kommt überraschend zusammen
in dieser nicht einfachen künstlerischen Natur.
Mich überraschte
Larissas absolute Sicherheit im Finden ihres künstlerischen
Raumes, in welchem Gedanken, Intuition und Energie Ausdruck
finden in ihrem schöpferischen Bewusstsein und auf
die Leinwand fließen.
Unterschiedliche
Stile und künstlerische Auffassungen verschmelzen bei
ihr. Sie demonstriert nicht nur frei assoziierte Zitierung
sondern tiefe, eigene Suche und ständige, oft quälende
Überlegungen zur Gegensätzlichkeit und dem Zusammenhang
von Körper und Seele, von Leben und Tod, von Mann und
Frau.
Frauen beschäftigen
sich selten so tief mit östlicher Philosophie. Sie
hat es geschafft. Schauen sie auf den Ausdruck ihrer Augen
und sie werden eine bestimmte Spannung durch die Arbeit
mit ihrer eigenen Seele erkennen. Sie ist zerrissen von
Philosophie, Wissen und Durchdringen der Gestalt. Sie fühlt
sich gut und harmonisch mit sich selber sowie der Leinwand.
Alles andere ist nicht so wichtig ...
Das Finden der
Malerin expressive Bewegung - ist Verlegung ihres Zustandes.
("Kommen und Gehen, - Hauptmotiv meiner Bilder",
sagt sie mir.) Ewige Bewegung ...Diese Bewegung in rot,
blau, lila Kolorit spiegelt ihren intellektuellen-emotionalen
Lebensstil.
Camus behauptete,
wenn ein Schaffender sagt keine einzige eigene Wahrheit
bedeutet dies einen Misserfolg. Larissa geht langsam in
den Ausdruck formaler Spiele zum Sinn des Lebens über.
Die Aufgabe ist schwer, aber für sie lösbar. Ihre
Ernsthaftigkeit gibt Hoffnung. Sie ist gewachsen bis zur
Stufe des Weltverständnisses, wo ist Platz für
Ordnung und Unordnung, für Stabilität und Instabilität,
für Vorhersehbares und Überraschendes.
Die Wirklichkeit
von anderem. Darin ist vielleicht die Musik ihrer Malerei.
Hierher kommt vielleicht die durchdringende blaue Frage
von El Greco, die Gebrochenheit und Zärtlichkeit der
Moderne, Komposition und koloristische Ganzheit und gleichflächiger
russischer Avantgarde plus eigene Empfindung des Schönen
in der heutigen Zeit.
In ihrer künstlerischen
Natur ist viel von russischem Charakter. Sie ist weich und
natürlich, genauso wie mutig und ironisch. Ihre Wert
als Künstlerin, das Können im Farbumgang und mit
dem Kompositionsaufbau Man kann damit ein Gefühl, einen
Zustand, ähnlich einem Dialog anderer starker Persönlichkeit
- seine Betrachter. Von den Bildern der Künstlerin
geht ein besondere magnetisierende Kraft aus, und irgendwann
schrieb Dideroth "verfluchtes, aber kannst nicht weggehen".
In Bildern ...
gibt es Zerbrechlichkeit, seelische Gemütsbewegungen,
welche findet ihren Ausdruck in durchsichtiger Farbe, besonders
malerischem Hintergrund, betonten musikalischen Improvisationen,
welche kontrastreiche musikalische Akkorde erlauben.
Im Prozess der
kommerzialisierten Kunst kann eine Natur mit höherem
geistigen Bewusstsein Künstler bleiben. Losung "
Alles zum Verkaufen", man soll überleben, so kann
er schützen sich und seine Kunst. Und dann in der nicht
eindeutigen Zeit hat eine Künstlerin mit dem Namen
Larissa Anerkennung bei den angesehenen westlichen Kunsthistorikern
gefunden.
Zum Glück
spürt man in ihren Bildern deutlich, dass sie nicht
zur Massenkultur gehören will. Ich denke, es gibt alle
Gründe die Werke dieser Künstlerin zur elitären
Kunst einzuordnen. Ich freue mich für diejenigen, die
diese Werke sammeln. Selten wird einem die Chance gegeben,
sehen, fühlen und zu begreifen, was ist die Anmut in
der Kunst, die mit dem individuellen Künstlerauge gesehen
wird.
|